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Besiedelung

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Als die ersten Ansiedler unseren Ort S e h m a gründeten, wurden ihnen 27 Siedlerstellen zugeteilt, gegründet 1170, urkundlich erstmalig erwähnt 1367.
- (siehe Kirchenchronik Bl. 1 u. 2) und
- Chronikbuch „Besiedelung unserer Heimat“ Bl. 121-123)

Die Namen derselben sind nicht bekannt. Sie konnten erst später aus Gerichtsakten über Kaufverträge erfaßt werden und haben sich eventuell schon vorher mehrmals verändert, wie aus Einwohner- und Steuerverzeichnissen vom Staatsarchiv Weimar von 1533-1714 hervorgeht. Ab 1617 standen dann zur Ermittlung der einzelnen Familien auch unsere Kirchenbücher zur Verfügung.

Die Zahl der Familien hatte sich nach Generationen vermehrt und waren zu einer Gemeinde mit einem Wirtschaftsleben geworden.
Dies war der Grund, daß ich einen Ortsplan vom Bauerndorf Sehma aufgestellt habe. Auf diesem Ortsplan sind die Gebäude mit den späteren Ortslisten-Nummern eingesetzt und es sind mehr als 27, denn durch die Entwicklung sind nach Jahrhunderten aus Ansiedlerfamilien weiter Familien hervorgegangen, sowie auch Handwerker usw. Dadurch sind auch zusätzlich Gebäude erforderlich geworden, die im Ortsplan gar nicht alle aufgenommen sind, weil der Plan nur die Anfangszeit darstellen soll.

Nach der ersten Zuteilung der Siedlerstellen, mußte dann auch weiteres Land bereitgehalten werden für die weiter örtliche Entwicklung. Der Führer der Ansiedlergruppe hatte von Anfang nun auch weitere Aufgaben zu erfüllen.

Bald traten Veränderungen in den Familien ein, wodurch auch Kaufverträge zu machen waren. Nun erhielten aber erst nach Jahrhunderten die Güter und Häuser eine Hausnummer (Ortslisten-Nummer OL). Um aber das Kaufobjekt kenntlich zu machen, half man sich so, daß im Kaufvertrag jeweils der linke und der rechte Nachbar angegeben wurde.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts, so um 1845/50, wurden die Gebäude mit OL-Nummern versehen. Das geschah in Sehma so: beginnend an der Ortsgrenze Cranzahl mit der OL_1 (Gut Schreier) bis OL_66 (Mühle und Bäckerei nahe Cunersdorf) heute Pappenfabrik am Bahnhof Abg.-Buchh.-Süd und von dort rechts der Sehma aufwärts OL_67 bis OL_122E Ortsgrenze zu Cranzahl. Dazu die Güter hinter dem Wald im Ortsteil „Rothensehma“ und „Königslust“.

Die Güter der Erstansiedlerhabe ich rot unterstrichen. Im Ortsplan sind alle Gebäude mit den alten OL-Nummern angegeben, damit sie mit der Ortschronik übereinstimmen, denn inzwischen haben alle Gebäude neue Hausnummern nach Straßenzügen erhalten.

Nach Bl.63/64 des Chronikbuches fand bei Ankunft der Ansiedler eine Begegnung mit dem Grundherren, dem Ritter von Schlettau statt, dessen Oberherr wahrscheinlich der Burggraf von Altenburg war.

Der Führer der Ansiedler war der Lokator. Dies war ein wichtiger Akt. Die Ansiedler stellten ihre Bedingungen und der Grundherr die Pflichten.

Nun erfolgte die Zuteilung der Siedlerstellen in verschiedenen Größen nach Wunsch, je nachdem, was sich ein Ansiedler nach seiner Arbeitskraft und Leistungsvermögen zutrauen konnte, zu bewältigen.

Der Grundbegriff war für die Ansiedler „Bauerngut“, Hausbesitzer, Erbbesitzer, Erbbegüterter. Sie waren somit alle Bauern. Diese Bezeichnung galt auch für die nachfolgenden Besitzer. An die Ertsansiedler war Grund und Boden zugeteilt worden und vererbte sich an die Familienmitglieder. Es hat sich aber erst danach ergeben, ob jeder mit der Bearbeitung des gerodeten Bodens und der Viehhaltung mit den anderen Schritt halten konnte.

Mancher hat sich aber gleich bei der Verteilung weniger zuteilen lassen, weil er wußte, er schafft nicht soviel in Anbetracht seiner Familienverhältnisse. Diese Gebäude (Wirtschaften) wurden als „Gartenhaus“ bezeichnet.

Grund und Boden waren an die Erstansiedler verteilt. Die heranwachsenen Söhne blieben bei den Eltern als „Handarbeiter“.

Mancher Vater baute ihnen (Sohn oder Tochter) ein Haus und gab dazu ein Stück Feld zur zusätzlichen Ernährung. Daraus entstand ein „Häusler mit Feldwirtschaft“.

Noch später entwickelten sich verschiedene Berufe mit dem Wunsch ein Haus zu bauen, sie hatten aber kein Grundstück und auch keine Beziehung zu einem Bauern. Dann wandte er sich an die Gemeinde, dem Lokator. Der Gemeinde war für die Entwicklung Land zugeteilt worden, wovon sie später für solche Fälle Bauland zuteilen konnte. Der begünstigte Bauherr mußte dafür an die Gemeinde jährlich einen Beitrag zahlen, je nach Größe der Baustelle. Dadurch entstand für diese Häuser die Bezeichnung „Mundhaus“. Den Betrag nannte man „Mundgeld“.

Es war im 18.Jahrhundert eine gewisse Entwicklung, daß in dieser Form und Zeit ca. 15 bis 20 Häuser gebaut wurden, im 19. Jahrhundert waren es ca. 10 Häuser. Für diese Häuser mußte jährlich 1 Mark gezahlt werden als „Bezeigungsgeld“. Anfang des 20.Jahrhunderts war die Möglichkeit, diese Grundstückslast abzulösen gegen eine Zahlung des 30fachen Betrages, davon wurde gern Gebrauch gemacht.

Nun gab es später noch eine Gruppe, die ohne Beziehung zu einem Bauern oder zur Gemeinde bauen konnte. Diese bezeichnete man als „Häusler“. Es waren meist solche, die von einem anderen kaufen konnten.

Noch eine Gruppe muß erwähnt werden, die aber wenig vorkommt. Das „Beigut“. Es gab einzelne Gutsbesitzer, die ein 2.Gut hatten, welches vom Stammgut aus bewirtschaftet oder auch verpachtet wurde.

Eine weitere Grundstücksbezeichnung ist noch zu nennen. Das „Brechhaus“. In diesen Gebäuden wurde Flachs bearbeitet, gedörrt, gebrochen, es wurde darin Tag und Nacht geheizt. Dazu wurden zuverlässige Männer gebraucht, weil diese Tätigkeit feuergefährlich war. Daraus ergab sich, daß später im geschlossenen Ort nicht mehr diese Tätigkeit ausgeübt werden durfte, sondern am Rande des Ortes.

Einiges möchte ich noch hinzufügen, was bei der Besiedelung damals günstig hinzukam.

Im Chronikbuch „Besiedelung“ auf Bl.68 im 2. und 3.Absatz ist gesagt:

„Der immerhin ansehliche, auch nicht immer besonders zahme Bach, der unsere Talsohle durchläuft, sollte - so dachte sich der Landmesser - die Grundlinie für die Vermessung abgeben und zugleich die Dorfachse bilden.“
Es sollte überhaupt die Lebensader der neuen Siedlung werden. Unser Bach wurde sehr bald auch für die Ernährung unserer Vorfahren von Bedeutung, und zwar durch die Fische, die in dem klaren Gebirgsbache gut gedeihen konnten. Später aber konnte nicht mehr jeder fischen, da war die Fischerei ein besonderes Recht der Gemeinde, das sie abschnittweise verpachtete ... .

Dann legten sich die Bauern auf ihrem Gelände selbst Teiche an. Noch im vorigen Jahrhundert und bis zum 2.Weltkriege gab es in Sehma viele Teiche und wurden in Kaufverträgen mit erfaßt. Dies hat sich aber geändert. Infolge der Entwicklung konnten im Bache wegen der Abwässer aus den Fabriken keine Fische mehr leben.

Die 27 Erstansiedlerstellen hatten also verschiedene Größen, je nach Wunsch der Zuteilung (Bl.121-123 der Chronik „Besiedelung“).

Sehma hatte 3 größere Güter:

1.) Erbgericht mit             2 1/2 Waldhufen
2.) Hofegut (Prager) mit   2 Waldhufen
3.) Mittlere Mühle mit       2 Waldhufen

dann folgten drei über dem Durchschnitt:

4.) Heß OL_2 mit OL_33 mit 1 Waldhufe (zus. 3 Streifen von Ortsmitte bis Grenze Walthersdorf)
5.) Meyer OL_1 mit OL_14 mit 1 Waldhufe (zus. 2 Streifen bis Grenze Walthersdorf)
6. Böttger OL_8 mit 1 Waldhufe (zus. 1 Streifen bis Grenze Walthersdorf)

der Durchschnitt der Güter lag bei 1/2 Waldhufe, bei Verkäufen oft 1/8 Hufe. Da die Leistungfähigkeit stark von den Familienverhältnissen anhing und manchmal hinter den Erwartungen zurück blieb, haben sich nur wenige über mehrere Generationen gut entwickelt.

Der Fluß Sehma war die Dorfachse.

- Links der Sehma war eine zusammenhängende Reihenfolge der Güter und Ackerbau, im Oberdorf 3 Güter im Tal mit Felder oben und 14 Güter oben mit Felder oben. - Rechts der Sehma war die Flur mit Erhöhungen und Einschnitten schwieriger für den Ackerbau:

Unterdorf: 2 Güter auf der Höhe mit Felder (Prager und Klotz)
2 Güter tiefer mit Felder (Hecht, Hunger, Hippmann)
Siedlung unten: 1 Gut Siedlungsflur unten (Hunger, Otto Süß)
2 Güter rechts am Berg (Bauer und Süß) Felder am Hang
Ort Mitte: 1 Gut (Heß/Oelmann) am Berg bei Fabrik
1 gut „Mittlere Mühle“
Oberdorf: 1 Gut (Fritz Nestler) einziges Gut - ab 23.4.1654 (siehe Bl.101 Chronik „Besiedelung“)

Am Ende nach Cranzahl zu soll der Wald noch 1800 um das Haus OL_113 „Waldschneider Haus“ herum gestanden haben.

Aufzeichnungen G. Riegel

bearbeitet von pks

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