90jähriges Wahrzeichen feiert seinen Geburtstag


Schwieriger Anfang

Mit dem Bau der Schmalspurbahn Cranzahl–Kurort Oberwiesenthal begann der Tourismus in der höchstgelegenen Stadt Deutschlands. Ziel der Gäste waren vor allem die Erhebungen Keilberg und Fichtelberg. So entstand kurz nach Inbetriebnahme der Bahnstrecke die Idee zum Bau einer Seilbahn auf den höchsten sächsischen Gipfel.

So wollte die Helios-Electricitäts-Aktien-Gesellschaft aus Köln-Ehrenfeld eine Standseilbahn vom Roten Vorwerk auf den Gipfel über die „Himmelsleiter” errichten. Dieses Vorhaben sowie ein weiteres mit einer günstigeren Lage zur Stadt wurde von den Dresdner Ministerien abgelehnt.

1912 unternahmen die beiden Annaberger Rechtsanwälte Fischer und Dr. Weigel einen neuen Versuch. Beim Leipziger Unternehmen Adolf Bleichert & Co. ließen sie das Projekt einer Seilschwebebahn entwerfen. Die Route entsprach bereits der später ausgeführten. Auch dieses Projekt wurde von der sächsischen Regierung abgelehnt.

Nach dem Ersten Weltkrieg und der überstandenen Inflationszeit griffen Oberwiesenthaler Hoteliers die Idee wieder auf. Am 6. August gründeten sie die Sport- und Schwebebahn-Verkehrs-Aktiengesellschaft (SUSVAG). Neben dem schon vorhandenen Bleichert-Projekt erstellte die auch aus Leipzig stammende Allgemeine Transportanlagen- Gesellschaft mbH Maschinenfabrik (ATG) ein Angebot.

Die Schwebebahn sollte bereits zur Wintersaison 1924 eröffnet werden. Die ATG erhielt den Zuschlag. Die Konstruktion war wesentlich primitiver gelöst als die des Konkurrenzprojekts. So waren nur 5 statt 6 Stützen projektiert, außerdem fehlten beim Angebot die elektrische Ausrüstung.

Am 1. September 1924 wurde mit dem Bau begonnen, obwohl die Amtshauptmannschaft Annaberg erst am 8. die Baugenehmigung erteilte. Der Auftrag für die Mastfundamente und die Stationsgebäude ging an das Plauener Unternehmen Gustav Richter AG, die elektrische Ausrüstung lieferten die Siemens-Schuckertwerke. Für das Vorhaben fehlte jedoch die erforderliche Genehmigung des sächsischen Innenministeriums. Dazu kam noch, dass die SUSVAG erst am 22. Oktober ins Handelsregister eingetragen wurde. Am 16. Dezember 1924 erhielt das Unternehmen schließlich die ministerielle Urkunde, die das Recht zum Bau und Betrieb der Bahn für 50 Jahre bestätigte.

Statt der veranschlagten 70.000 Reichsmark waren Ende 1924 schon 300.000 RM verbraucht. Die SUSVAG musste neben Kapitalerhöhungen zusätzlich Kredite aufnehmen. Die geplante Inbetriebnahme am 21. Dezember 1924 fand nicht statt, da die Anlage noch nicht betriebsfähig war und deshalb die Genehmigung versagt wurde. Trotzdem fand eine Eröffnungsfeier statt, bei der eine der Kabinen 20 Meter aus der Talstation fuhr. Auch zum zweiten Abnahmetermin am 27. Dezember war die Bahn noch nicht fertig. So fehlten noch die Signalanlage, die Notbremse, in der Fördermaschine ein Lager und ein Zahnrad. Trotzdem wurde am 28. Dezember der Betrieb aufgenommen.

Schließlich genehmigte der Regierungskommissar Weidner am 29. Dezember die Schwebebahn unter der Bedingung, dass alle Mängel beseitigt sind. Insgesamt kostete der Bau 354.000 RM, dazu kamen noch 26.000 RM für eine Rodelbahn, die gleichzeitig errichtet wurde. Mit dieser Attraktion sollten Fahrgäste angelockt werden.


1924 bis 1948

Im ersten Betriebsjahr fuhren 90.000 Personen mit der Bahn. Das Jahr 1926 verlief wesentlich schlechter. Am 25. April 1926 deckte ein Sturm das Dach der Bergstation ab. Im September musste man bereits die Zugseile erneuern. Am 27. Dezember riss ein Spannseil und eine Spannscheibe brach. Da sich die Kabinen gerade in den Stationen befanden, gab es keine Personenschäden. Wegen der schlechten Witterung des Jahres sank die Zahl der Fahrgäste auf 49.000. Nachdem man im August 1927 erneut die Zugseile gewechselt hatte, holte man sich Rat bei Dr. Rubin von Adolf Bleichert & Co. Daraufhin nahm man einige Verbesserungen an der Technik vor.

Durch Nachschüsse des Anteilseigeners Hugo Richard Küttner und einer Aktienzusammenlegung versuchte das Unternehmen die laufenden Kosten zu decken. Weitere Einsparungen hoffte man mit geringeren Löhnen und Betriebsstilllegungen im Frühjahr und im Herbst ab 1929 zu erreichen. In den Stilllegungszeiten führten die Beschäftigten in eigener Regie die Reparaturen und Seilwechsel durch, um die Kosten fremder Unternehmen zu sparen. Da die Fahrgäste immer weniger wurden (1930: 11.000) konnten selbst diese Maßnahmen nicht mehr die mangelnden Einnahmen ausgleichen.

Um die Energiekosten zu reduzieren, errichtete man 1932 bis 1934 in der Bergstation eine eigene Stromversorgungsanlage bestehend aus einem Junkers-Dieselmotor mit Generator. Am 22. August 1934 musste jedoch schließlich Konkurs angemeldet werden. Die offenen Forderungen lagen weit über dem Wert der Anlage. Der Konkursverwalter Kurt Scherl setzte den Betrieb fort, da eine Verschrottung keinen Erfolg versprach.

Größte Gläubiger waren der Sehmaer Unternehmer und Aktionär der Schwebebahn Hugo Richard Küttner und seine Frau, die rund 70.000 RM forderten. 1935 wurde die Zwangsverwaltung beantragt. Daraufhin änderte sich der Name des Unternehmens in Fichtelberg-Schwebebahn. Im Mai 1936 wurde die Seilbahn versteigert. Küttner erwarb sie zum Preis von 10.000 RM. Die Rechte und Pflichten wurden daraufhin von der sächsischen Regierung an ein Unternehmen Küttners übertragen.

1938 erhielt Küttners Tochter die Seilbahn als Hochzeitsgeschenk. Nach dem Tiefstand der Fahrgäste stiegen die Zahlen in den 30er Jahren wieder an und erreichten 1940 100.000. Zur Bewältigung des Fahrgastaufkommens erwarb man zwei neue Kabinen mit einer größeren Platzanzahl. Als Notbetrieb installierte man einen Benzinmotor, der direkt an die Fördermaschine kuppelbar war.

In Folge des Volksentscheids in Sachsen am 30. Juni 1946 über die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher (Hugo Richard Küttner war weder das Eine noch das Andere -pks-) ging auch die Fichtelberg-Schwebebahn in Volkseigentum über. Zum Rechtsträger wurde die Stadt Oberwiesenthal bestimmt. Wegen der geringen Wartung während des Zweiten Weltkrieges war der Gesamtzustand der Seilbahn sehr schlecht. Nachdem sich im Herbst 1948 die Tragseile an den Muffen verworfen hatten und man keine Priorität für eine Reparatur sah, stellte man den Betrieb ein.



Quelle: Original in Wikipedia


bearbeitet von pks