Die Friedrich-Richard-Schule im Nationalsozialismus
und im 2. Weltkrieg

1933 bis 1945

Schule als ideologisches Instrument zu Völker- und Rassenhass


      Dass die Schule im NS-Staat und besonders im Kriege ein Instrument der Verführung der jungen Generation zum Völker- und Rassenhass und der daraus resultierenden Wehrbereitschaft war,  beweisen vorliegende Aufzeichnungen.
     Man sprach von wehrgeistigen Elementen,  die in verschiedene Unterrichtsfächer hineingetragen werden sollten.  Wandsprüche,  Plakate,  Spruchbänder,  oft vom Lehrer selbst angefertigt,  riefen zu Pflichterfüllung,  Opferbereitschaft,  zum Sammeln und Sparen auf. Schulbesuche der Wochenschauen der Propagandakompanien,  Vorträge auf Elternabenden und in den oberen Klassen der von der Flieger-HJ unterstützte Flugmodellbau dienten jenen Zielen.
      Geschicktes Argumentieren der Lehrer förderten das Schulsparen,  das letztendlich der Finanzierung des Krieges diente.  31000 RM sparten die Kinder im Kreis Annaberg innerhalb von 3 Monaten.  Geld,  was am Ende verloren war.
Eine große kriegswirtschaftliche Rolle spielten auch die Altstoffsammlungen,  zu denen die Kinder immer wieder aufgefordert wurden.  Auch Heilkräuter ließ man sie sammeln.  Auf einem sogenannten Werbe- und Bildungsabend des hiesigen Elternkreises unter dem Leitwort „Unsere Kriegsmarine” hielt ein Fregattenkapitän Pfeiffer einen Vortrag,  unterstützt von Bild und Film über die deutsche Kriegsmarine,  und warb bei den anwesenden Jugendlichen für diese Laufbahn. Auf Veranlassung des Oberkommandos der Wehrmacht und des Reichserziehungsministeriums erhielt jeder Schüler bei der Schulentlassung in den ersten Jahren des Krieges das Heft „Wir von der Westfront”.  Es warb in propagandistischer Weise für die angebliche Ehrenhaftigkeit des Soldatseins.

Zunehmende Einschränkungen des schulischen Lebens durch die Lasten des Krieges

      Zunehmende Einschränkungen des schulischen Lebens durch die Lasten des Krieges Vom Katastrophenwinter 1939/40 an fiel in den Wintermonaten oft Unterricht aus.  Zwar hatte die Schule für diesen ersten Kriegswinter noch genügend Kohlevorrat,  aber es mussten beachtliche Mengen an kriegswichtige Einrichtungen abgegeben werden,  z. B. an das Postamt Annaberg,  den Landkreis Annaberg,  das Rathaus Geyer und an kleine Betriebe.
      So war am 22., 23., 24. Januar und ab 19. Februar bis kurz nach Ostern kein Unterricht.  Die Schüler mussten an diesen Tagen um 9.00 Uhr in der Schule sein zur Entgegennahme ihrer Hausarbeiten.  Die Lehrer wurden während dieser Ausfallzeiten zur Mitarbeit in Behörden eingesetzt.  1941 wurden vom Landrat zu Annaberg einige Zimmer der Schule mit Beschlag belegt,  um ein Kinderland-Verschickungslager einzurichten.  Zwei Klassenzimmer im Erdgeschoss dienten als Wohn- und Unterrichtszimmer,  das Waschhaus im Kellergeschoss als Waschraum,  das Lehrmittelzimmer als Wohnraum für die begleitenden Lehrer.  Für die Beköstigung sorgte Kaffeehausbesitzer Hugo Döhnel,  dem auch die Bereitung des Essens für die Kriegsgefangenen oblag.
      Im April 1941 zogen 30 zwölf- bis vierzehnjährige Jungen aus Neus Kreis Düsseldorf mit einem Lehrer und einem Lagerführer der HJ ein.  Es muss zu disziplinlosem Auftreten der Schüler gekommen sein,  das sich stark vom Verhalten der Sehmaer Schüler abhob und auf die Führung durch die Erzieher zurückgeführt wurde.  Am 23. September verließen die Schüler mit ihren Begleitpersonen das Lager wieder.  Eine Aufhebung der mit Beschlag belegten Räume erfolgte durch die Dienstbehörde nicht.
      Der Einsatz der verbliebenen Lehrer wurde immer aufreibender.  Ein Runderlass des Reichserziehungsministeriums vom 30.5.1941 zum Einsatz der Lehrer während der Sommerferien geht von dem Grundsatz aus,  dass jeder Pädagoge nicht mehr als drei Wochen Sommerferien zu seiner Erholung benötige.  Er stellt den Einsatz in der übrigen Zeit unter das Motto „Die Schule hilft siegen!”.  Dabei ging es um weltanschauliche Schulungslehrgänge,  Leistungsfeststellung und fachliche Fortbildung.
      In den letzten Kriegsjahren kamen zu den Unterrichtsausfällen wegen Kohlemangels auch noch die Auswirkungen des Luftkrieges hinzu.  Obwohl die alliierten Luftgeschwader unser Gebiet meist nur überflogen,  wurde Alarm ausgelöst und die Schüler nach Hause geschickt.  Der Luftkampf über dem Erzgebirge am 11. September 1944 lässt diese Maßnahme gerechtfertigt erscheinen.  Im übrigen fällt auf,  dass über diese Zeit der nahenden Niederlage wenig Aufzeichnungen vorliegen.  Zu vermerken ist noch,  dass trotz der Schwierigkeiten,  einen funktionierenden Schulalltag aufrecht zu erhalten,  zwischen den Gemeinden Sehma,  Cranzahl und Neudorf ein Hauptschulverband gegründet wurde,  der mit Wirkung vom 21. Dezember 1944 vom Bezirksschulamt Annaberg genehmigt wurde.  Schüler dieser drei Gemeinden besuchten die Hauptschule in Sehma.  Ende der vierten Klasse wurden die Schüler ausgewählt,  die in den Fächern Deutsch und Rechnen mindestens eine Zwei hatten.
      Schon im zeitigen Frühjahr 1945,  als sich die Rote Armee dem Erzgebirge näherte,  wurde die Schule für den Unterricht geschlossen.


entnommen dem Sehmataler Anzeiger vom 30. April 2012
Chronist Helfried Schmiedl


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