Zwä Freind

von Laura Herberger, Buchholz

entnommen dem
„ Erzgebirgischen Heimatblatt ”;  N° 9 von 1927


     ’s gibt Mensch’n, die in ihr’n Charakt’r grund vrschied’n, un doch de best’n Freind sei känne. Esu warsch bänn Lange Rudolph un bänn Kurze Emil; schüh wos ihr’n Karp’rbau betrof, kunnt mr kaane greß’rn Gengsätz find’n. Dr Aane war e richtige Kirchturmgestalt, e raan’r Riese Goliath, dar, wänn r zu Zeit’n des Preuß nkönigs Friedrich Wilhelm gelabt hätt, sicher als erscht’r Flüglmaa bei sänn Leibgardist’n wär eigestellt wurn. Wenn dar zu ännr Haus- odr Stuhmtir nei gieh wullt, mußt’r siech bück’n sist’rn wir ’r wuhl in kurz’r Zeit ne Kopp vull blau’r Beil’n kriegt hohm.

     Sei Freind, drgeng hätt känne offn Mask’nball änn richting, leibhafting Zwarg ohgam, esu kurz un dick war dar. Wollt’r emohl sei Halsgarnitur zeracht rück’n, do mußt’r arscht off e Hitsch trat’n, im sich im Schpiegl säh ze känne.

     Wänn die zwä Freind mit enann’r schpaziern gienge, do warsch gerod, als wänn dr Vat’r sei Kind ausführet, dos ob’r änn gruß’n, schwarz’n Schnurbart hat. Und wie sond’rbar hat bei dann zwä Mensch’n dr Zufall gespielt;  dr lange hieß Emil Kurze un dr kurze hieß Rudolph Lange. Un wänn se ihr’n Sonntigschpaziergang ahtrot’n, do war bei ihr’n Nachb’rn e Red schprüchwörtlich wurn: „Saht nüb’r, dort gieht dr kurze Lange un dr lange Kurze!”

     Esu v’rschied’n die zwä Freind nooch ihr’r äuß’rn Drscheining warn, esu v rschied’n war ah ihr Charakt’r; dr Rudolph war vun sänn Elt’rn christlich drzung wurn, dobei mußt’r off’s Wort folng un gede Arbitt mußt’r gewiss’nhaft ausführn. Seine Lehrer hatt’n ihre helle Freid an dann flessing Schül’r, un ’s dauret net lang, do hieß’s: „Der Kleinste ist der Fleisigste!”  In schpet’rn Gahr’n war ’r aan’r dr tichtigsten Bürobeamt’n.

     Sei Freind warsch gerode Gengtal un mr mußt sich wunn’rn, doß sich dar tichtige Rudolph gerode dann leichtfarting un in sein’r Arbett esu uhbeständing Emil zun Freind gewählt hat. Ob’r dr Rudolph hat de beste Absicht drbei; „Ich werde ihn schon auf den richtigen Weg bringen,” dos war’n seine ständing Gedank’n.

     Am meest’n reget ’r siech dorib’r auf, daß dr Emil schüh dreimol sänn Beruf gewachs’lt hat. ’s fahletn ahm zu all’r Arbett de nötige Lust; seine Eltern war’n ihr’n Aanzing gengib’r ze schwach gewas’n un hatt’n ihm in all’n Schtick’n sänn Will’n geloss’n, un dos war zu sänn gruß’n Schood’n. In jed’r Arbett fand dr wos, dos ihm nett behaget.

     „Na,” dacht dr Rudolph, „an männ Geburtstagswunsch in acht Tagen, sollst du, mein Freund, gedenken.” Un mit gruß’r, deitlich’r Schrift hat ’r off e Briefmappe, die ’r ne zun Geschenk machet, dos Varsch’l geschriem:

Sei nicht ein Wind- und Wetterhahn,
Daß Du oft Neues fängest an,
Was Du Dir einmal vorgesetzt,
Dabei beharr bis auf die Letzt.

     Wie dr Emil dos gelas’n hat, saht’r mit drhubn’r Schtimm: „Na, Rudolph, Du wirst staunen, was ich mir für einen Plan gemacht habe! Ich verate aber heute noch nichts.”

     Ne ann’rn Tog, ’s war Sunntig, kam dr Emil in sänn best’n Ahzug un mit änn prächting Rus’nschtrauß in dr Hand zu sänn Freind, dar ganz v’rwunn’rt zu’ne saht:

     „Mensch, was soll das heiß’n?”

     „Das wirst Du gleich erfahren,” gob dr Emil drauf zr Antwort. „Du weißt doch,” fuh ’r fort „wos die Roßn’r Ella für ein gut gehendes Papierwarengeschäft hat, das würde ganz gut auch noch einen Mann mehr ernähren, und darum will ich ihr jetzt meine Hand anbieten.”

     „Und Deinen unbezahlten Anzug dazu, nicht wahr?” saht lachend dr Freind. „Nun, ich wünsche Dir, viel Glück auf diesen Weg!”

     Hamlich war ne ob’r uhbehaglich ze Mut; denn ar hat sich schüh lang mit dan Gedank’n getrong, mal bei dr Ella sei Glück ze v’rsuch’n. Na, dacht’r sich, wir werden ja sehen. —

     Wie dr Emil wied’r kam, war sei Gesichtsausdruck sehr nied’rgeschlong, un als dr Rudolph freget, ob’r gratulier’n kännt, do krieget ’r vun Emil die ziemlich ärgrliche Antwort:

     „Spare Dir Deine Worte; ich habe einen so große Korb bekommen,daß er nicht in Dein Zimmer herein gehen würde. Die Frau Ella sagte mir mit der freundlichsten Mine von der Welt, sie fühle sich sehr geschmeichelt durch meinen Antrag, aber sie würde nie einen Mann heiraten, wo sie allemal erst eine Treppenleiter holen müsse, wenn sie ihm einmal den Schlips binden oder dergleichen machen solle.”

     Dr Rudolph brach in e unbändigs Lach’n aus ib’r dar Red, un kurz enschlossn saht’r: „Und jetzt werde ich mein Glück versuchen, aber ohne Rosen halte ich um Ella´s Hand an. Warte, bis ich zurück bin!”

     Ob’r dr Emil kunnt sich tröst’n, dr Rudolph hatt mit änn’r ganz ahnling Antwort ohziehe müss’n. De Ella hat gesaht: „Ich bin seit längerer Zeit mit Hex’nschuß geplagt und da kann ich keinen Mann heiraten, der allemal erst auf einen Stuhl treten müßte, wenn ich ihm mal richtig in die Augen sehen wollte.”

     „Na, da haben wir unser Lob!” saht dr Rudolph ziemlich bittr, „und wir können doch nichts dafür, daß ich ein solcher Knirps geblieben bin und Dich Dein Schicksal so lang ausgedehnt hat! Da bleiben wir eben für unser ganzes Leben Junggesellen und verschmelzen unsere beiden Wohnungen. Du aber, Emil, mußt Dir’s ernstlich vornehmen, eine andere Lebensweise anzufangen, und Du wirst dann keinen besseren Freund haben, wie mich.” Dod’rbei hielt ’r ne Emil de Hand hieh un dar schlug kräftig ei

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