Glocken der Paulus-Kirche zu Sehma

Das kirchliche Leben ist seit 1899 bis heute von dem Zeitgeschehen nicht unberührt geblieben. Im 1. Weltkrieg mußten Glocken abgeliefert werden. Auch Sehma blieb nicht verschont. Der Kirchenvorstand hatte sich gewehrt und durch eingeholtes Sachverständigengutachten zunächst erreicht, daß sich die Ablieferung verzögerte und wegen der festgestellten Klangeinheit der drei Glocken nur die kleinste Glocke zur Ablieferung gefordert wurde.

Diese sollte nun, um das Abnehmen zu erleichtern, auf dem Kirchturm zerschlagen werden. Dem widersetzte sich wieder der Kirchenvorstand, besonders aber der damalige Pfarrer Führer. Am 5.02.1918 wurde die Glocke daraufhin unversehrt abgenommen und abtransportiert.



Nach dem Kriege wurde festgestellt, daß in Leipzig auf einem Sammelplatz noch unversehrte Glocken stehen. Die Nachforschungen seitens des Sohnes des Pfarrers Führer, dem damaligen theol. Studenten Max Führer in Leipzig ergaben, daß unsere kleine Glocke mit dabei war, was große Freude auslöste.

Nach den erforderlichen Verhandlungen konnte die Glocke wieder zurückgekauft und heimgeholt werden, wo sie am 08.07.1919 wieder auf den Kirchturm hochgezogen wurde und wieder gemeinsam mit den beiden anderen Glocken im Dreiklang zum Lobpreis Gottes läutete.

Der 2.Weltkrieg rollte wieder die traurige Angelegenheit auf, daß von den Kirchen die Glocken heruntergeholt wurden.

Diesmal musste Sehma die große und mittlere Glocke opfern. Die beiden Glocken wurden am Donnerstag, den 15.04.1942 abgenommen und abtransportiert.
Am Sonntag vorher nach dem Gottesdienst und in der Mittagszeit läuteten sie noch einmal gemeinsam und auch einzeln der Gemeinde zum Abschied. Es sind viele Tränen geflossen.

Wir haben diese Glocken nicht wieder zurückerhalten.

In den Nachkriegsjahren wurde nun auch bald der Wunsch nach neuen Glocken wieder laut. Das war aber nicht so leicht, zumal es viele Stimmen gab, die die Meinung vertraten, wir wollen lieber warten, bis Bronzeglocken angeschafft werden können. Die Aussichten dafür waren nicht günstig und es bedurfte längerer Vorarbeit, um den geeigneten Zeitpunkt zu finden.

Bevor Pfarrer Lehmann von Sehma wegging, konnte er noch eine alte Bronzeglocke als Material für neue Glocken ankaufen und kurze Zeit darauf als Superintendend von Werdau hat er aus seiner Ephorie noch eine kleine Glocke vermittelt.
Der neue Pfarrer Scholz griff die angelaufene Glockenfrage sofort auf und konnte weiteres Material vermitteln und konnte noch im Jahre 1950 dem Wunsch nach einem neuen Geläut verwirklicht werden.

Ein neues Bronzegeläut in der alten Tonart des, f, as war nun wieder da.

Gott hatte zu den Bemühungen seinen Segnen gegeben, ihm sei Lob und Dank dafür. Bei der Anschaffung wurde die uns verbliebene kleine Glocke mit verwendet, d.h. umgegossen zu drei neuen Glocken.


Am Donnerstag, den 14.12.1950 hat Pfarrer Scholz die Glocken selbst von Apolda abgeholt; den Transport hatte das Fuhrgeschäft Martin Burkert von hier übernommen. Am Ortseingang wurden die Glocken geschmückt und so fuhr der Lastkraftwagen zur Begrüßung der neuen Glocken durch den Ort. Es waren freudig bewegte Tage.

Den Höhepunkt bildete die Glockenweihe am 3. Advent, den 17.12.1950. Es war ein freudiger Festtag für die ganze Gemeinde.

Die Kosten für die Glocken einschl. Nebenkosten in Höhe von 25.000 DM hat die Gemeinde innerhalb 16 Wochen in vielen kleinen und größeren Spenden geopfert, die alle in der Pfarramtskanzlei abgegeben wurden, nämlich 29.168 DM in rund 800 Einzelposten.

               Der Mehrbetrag wurde für die Kirchenrenovation verwendet.

Die Glocken tragen die Aufschrift:

"Christmettengemeinde Sehma im Erzgebirge gegossen im Advent 1950
Franz Schilling Söhne
Apolda"

Weiter steht auf
der großen Glocke:     „Ehre sei Gott in der Höhe”
der mittleren Glocke:   „Und Friede auf Erden”
der kleinen Glocke:     „Und den Menschen ein Wohlgefallen.”

Ferner ist auf den Glocken aufgezeichnet: Große Glocke : Die Gestalt des Christopherus mit dem Jesuskind auf der Schulter. Mittlere Glocke : Ein Kreuz, darunter der Stall von Bethlehem, und darunter Dornen und Stacheldraht, woraus eine Rose erblüht, die Lutherrose. Kleine Glocke : Die Krippe mit Maria u. Josef, anbetende Hirten u. eine Menge Volk, sowie Schaf, Ochs und Esel. Die Schrift- und Bildzeichen hat Graphiker Heinz Dörjer aus Mylau i. V. in der Glockengießerei Apolda eingeritzt. Das Gewicht der Glocken ist 1717 kg, 836 kg, 456 kg. Die Aufschrift Christmettengemeinde ist darauf zurückzuführen, daß die Sehmaer Christmette von 1929 an unter Leitung von Kantor Ruckdeschel durch Rundfunk übertragen wurde. Dies geschah das letzte Mal Weihnachten 1954.


Dieser Text befindet sich in der Turmkugel unserer Paulus-Kirche seit November 1962 und ist ein wörtlicher Auszug des vom gesamten Kirchenvorstand unterschriebenen Berichtes über die Kirchturmreparatur gleichen Jahres.


bearbeitet von pks