Die Erbgerichtsschmiede

genannt „Richterschmiede“
(Chronik-Artikel in deutscher Schrift, abgeschrieben für die Gemeinde vom Chronist Kurt Riegel)

Kurt Riegel
Bäckermeister u. Vors. der Bäckerinnung,
Vors. des Krippen- und Schnitzvereins.
Vors. der Freiwilligen Feuerwehr,
und Chronist.

1762    Johann Christoph Lindner, Huf- und Waffenschmied allhier. Dieser war 1762 schon tot. Er muß nur kurz der Besitzer gewesen sein. Ob er in der Schmiede schon eingezogen war, ist nicht klar aus den Schriften zu erkennen.
1792   Meister Johann August Tittel, Huf- und Waffenschmied in allhiesiger Erbgerichtsschmiede.
1799   Meister Joseph Friedrich Pomp, Huf- und Waffenschmied in allhiesiger Erbgerichtsschmiede.
1832   Einer verdient als Pächter der Erbgerichtsschmiede besonders genannt zu werden, weil sein Andenken in der Gemeinde noch lebendig ist und weil wir durch seine Nachkommen noch Verbindung zu ihm haben. Es ist der Großvater unseres 1945 bei Kriegsende heimgegangenen Kriegsblinden (1914-18) Emil Langer und Urgroßvater unseres Gotthold Langer, Teichstraße 51 i wohnhaft. Dieser trägt den Ehrennamen seines Urgroßvaters Meister Christian Gotthold Langer, Schmiedemeister in Sehma. Er ist kein Ortskind, sondern stammt aus Mildenau (Hermergut).

Dort wurde er am 24.01.1810 geboren. Als Bauerssohn erlernte er das Schmiedehandwerk. Er war das 5.Kind seiner Eltern und ging später als Schmiedegehilfe nach Cranzahl zu Meister Karl David Köhler, dem Pächter des dortigen Erbgerichtes. Dessen Tochter heiratete er und siedelte mit seiner jungen Frau Friederike 1832 in die von ihm gepachtete Erbgerichtsschmiede zu Sehma (Nr.38C) über.

Sie waren zwei fleißige, unermüdlich schaffende Menschen miteinander. Obwohl sich nacheinander 10 Kinder einstellten, fand das Rickel, oder wie sie im Dorfe genannt wurde - die „Köhlerin“, immer noch Zeit dazu, die Spitzenklöppelei als Hausindustrie aufs eifrigste zu betreiben.

Sie kaufte sogar die im Dorfe gefertigten Klöppelarbeiten auf, übte also Verlegertätigkeit aus, brachte die Spitzen fast täglich nach Annaberg, alles zu Fuß. So sparsam sie auch war, den Kindern brachte sie dann und wann, etwas für den „Staat“ mit. Darüber freute sich der noch sparsamere Hausvater ganz und gar nicht. Seine Stirn zog sich kraus in Falten, und er ließ sich seiner trockenen Art also vernehmen: „Dir is es Gald su viel nütz, wie an Kind a spitzigs Masser“.

Bei dam Fleiß und der Sparsamkeit beider Eheleute konnte es nicht ausbleiben, daß sich ein gewisser Wohlstand einstellte. Sie konnten sich Jährlich ein oder zwei Schweine schlachten einige Kühe standen im Stall, ja sogar ein Pferd tat sich Meister Langer ein, daß er - er war auch Spritzenmeister bei Bränden, wenn es schnell gehen sollte, selbstlos vor die Dorfspritze spannte, die in seiner Nähe den Standort hatte.

Ja das Geld langte sogar dazu, daß er 1851 in der heutigen Karlsbader Straße Nr.28 ein eigenes Haus errichtete und darin eine Huf- und Waffenschmiede eröffnete. Es war ihm bei all seine Arbeit auch möglich den Feldbesitz zu vergrößern. So kaufte er 1853 dem Handarbeiter Christian Heinrich Hänel ein Feldgrundstück 1 Acker 210 Quadratruten enthaltend, für 270 Taler ab (Parzelle Nr. 582 des Sehmaer Ortsflurbuches).

Am Anfang meiner Geschichte habe ich die Erbgerichtsschmiede, auch Richterschmiede genannt, erwähnt. Sie war dort, wo heute die Küche für die Firma Möckel sich befindet. Am Erbgerichtsplatz Nr.38C. Wenn man früher von Walthersdorf und Schlettau herkam, und man nach der Karlsbader Straße (früher Joachimsthaler Straße) gehen wollte, so konnte man nicht wie heute über den Ergerichtsplatz gehen, sondern hinter den Gebäuden Oelmann Fleischer und Richterschmiede schreiten.

Die Erbgerichtsschmiede scheint nicht zu den uralten Gerechtsamen des Erbgerichtes zugehören, denn unser Erbgericht war früher ein „wälzendes Gericht“. Aber sie hat dennoch eine große Bedeutung gehabt. Wie viele Gefährte mögen hier repariert, wie viele Pferde hier beschlagen worden sein.

Das Erbgericht war ja die große Ausspanngelegenheit für unseren Ort. Die Pächter der Schmiede scheinen häufig gewechselt zu haben. Am längsten hat wohl Friedrich Louis Hackbeil darin ausgehalten. Einige andere habe ich schon genannt. Nennen möchte ich noch, schon wegen seines seltenen Namens - Fürchtegott Schmerzensreich Vollmann.

In älteren Zeiten wird ein Carl Heinrich Himmelreich genannt. Nach Hackbeil war in der Erbgerichtsschmiede in den 90er Jahren des 19.Jahrhunderts ein gewisser Fischer als Pächter, dann ein Uhlmann aus Elterlein. (1887 im Kirchenbuch: Ernst Theodor Fischer, Hufbeschlagemeister).

Auch ein Schlosser namens Kohlmannsberger wird genannt. Im Jahre 1898 finden wir in der ehemaligen Schmiede unseren Stellmachermeister Adolf Effenberger, der hernach das sogenannte „Kahlehaus“ in der Karlsbader Straße 22 erwarb. Er, der alte Königswalder, der eigentlich nach seiner abgelaufenen Pachtzeit von 5 Jahren aus der alten Schmiede wieder fort wollte, hat unserem Ort doch die Treue gehalten. Seine Stellmacherei in seinem eigenen Hause hat sein Sohn Oskar Effenberger übernommen. Heute ist auch diese Stellmacherei nicht mehr.

Nach dem Auszug von Adolf Effenberger ging der Betrieb in der Schmiede ein. Es wurden Wohnungen eingebaut, ein Zuckerwarengeschäft von Paul Solbrig (1.Tenor hohes C zu jeder Tageszeit) und ein Tabakwarenladen von Paul Schönfelder (gen. Männel). Nach dessen Auszug wurde ein Friseurgeschäft von Arthur Schmiedel eingerichtet.

pks - wörtliche Übernahme Kurt Riegels Abschrift