„Oelmann´s Gasthof“



E  s war einmal ...
und ist doch kein Märchen.


W  enn ein Nichtgastwirt einen Gasthof erwirbt, wenn eine solche Immobilie keinen Profit abwirft, weil sie leer steht, wenn man dann auch noch von „weit weg“ ist, dann passiert genau dies, was dem einst so beliebte Gasthause geschehen ist, es verlottert und nimmt so großen Schaden, daß nur noch ein Abriß folgen kann.

A  ls Louis Rößler sen., dem Pächter der Fleischbank am Erbgerichte, um 1861 die Erlaubnis für das Abhalten von Tanzveranstaltungen über der Fleischbank entzogen wurde, er nun durch Mindereinnahmen verärgert war, plante er den Bau einer neuen Gastwirtschaft mit Fleischerei.

    Er erwarb Grund und Boden von Carl August Wilhelm Roscher und errichtete seinen Gasthof, der zunächst erst nur Fleischerei war. Bald darauf eröffnete er die Gastwirtschaft, wodurch nun ein Wettstreit zwischen der altehrwürdigen Erbgerichtgastwirtschaft und der seinen entbrannte.

D  urch fortlaufende Erweiterungsbauten am Erbgerichte, zum Tanzsaal für gehobene Gäste aus der Stadt, dem Saale über der Fleischbank für die Dorfleute, kam nun noch der „Rammelboden“, ein Saal zu ebener Erde, der den Saal über der Fleischbank ersetzte.

      Da der Erbrichter in seinen zwei Sälen regelmäßig Tanzveranstaltungen abhielt, Rößler aber ohne Tanzsaal nicht gegenhalten konnte, baute er 1869-1870 denselben hinter der Gaststätte an.

F  ortan standen beide Gasthäuser im Wettlauf um die Gäste. Man wetteiferte um die Tanzjugend, um die Fleischkunden und um die täglichen Gasthausbesucher.

    Ich wage aus heutiger Sicht nicht darüber zu urteilen, wer sich besser durchsetzte, denn die Chronik läßt darüber nichts verlauten. Tatsache aber ist, daß beide Häuser ihre Stammgäste, ihre Vereine und Zulauf aus den Nachbarorten hatten und somit stetig wuchsen.

I  m Jahre 1885 kaufte Karl Louis Oelmann aus Cunersdorf den Gasthof. Am 14. Januar 1886 wurde das Anwesen mit seiner prächtigen Hochzeit eingeweiht.

     1890 wurde das Gasthofsgebäude im Inneren aus- und umgebaut, und 1896 erfolgte der südliche Anbau, der ihm ein geräumiges Vereinszimmer im Erdgeschoß und darüber eine Garderobe für Veranstaltungen einbrachte.

     In den nun gut ausgestatteten Räumlichkeiten fanden jetzt auch Unterrichtskurse in Tanz- und Anstandslehre statt. Es wurde der Tanzlehrer Bruno Köhler verpflichtet. Inserate in Zeitungen der näheren und weiteren Umgebung geschaltet und sorgten somit für zahlreichen Zulauf.

I  m Jahre 1937 übernimmt Arno Rammer den Gasthof und die Fleischerei in Pacht, während gegenüber in der Auszüglerwohnung im Schlachthaus, die Oelmanns ihre letzten Lebensjahre verbringen. Rammer führt mit seiner 2.Frau den Gasthof ebenso erfolgreich wie zuvor die Oelmanns und dies bis ins Jahr 1954. Am 21. November des Jahres 1955 übenimmt er dann das Sportheim.

M  it dem Jahre 1954 enden die privaten Betreiber dieses Gasthofes. Die Konsum-Genossenschaft übernimmt nun das in die Jahre gekommene Gebäude, richtet im Obergeschoß ihre Verwaltung und später das Fotolabor im Dachgeschoß ein.

Die nun folgenden Betreiber, alle im Auftrage der Konsum-Genossenschaft, bewirtschaften den Gasthof mit unterschiedlichem Erfolg, aber mit bleibenden Nachdruck, wie die Namen   Adi-Bar   oder   Karls-Ruhe   belegen.

L  etzter Pächter des nun schon historischen Gasthofes war Familie Loose bis zum Jahre 1994, danach war eine Erbengemeinschaft auch nicht mehr in der Lage den Gasthof zu erhalten.


bearbeitet von pks