Chronik der Döhnel-Mühle in Sehma
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Die Quellenangaben stehen in Klammern und folgen meist dem Text.
Diese Chronik wurde zusammengestellt von Wolfgang Döhnel, staatl.
gepr. Archivar i.R., Dresden.

3. Juli 1868

Der Müller Wilhelm Moritz Döhnel zu Cunersdorf kauft von Carl Ehregott Meyer aus Hermannsdorf "... die Brandstätte seiner ihm laut Kaufurkunde vom 9. November 1857 eigenthümlich zugehörigen, in Sehmaer Flur unter No 104 nebst Flurstücken No 282 und 283 des Flurbuchs gelegenen mit No 93 des Brandcatasters bezeichneten Spinnfabrik ..." für 8.000 Taler.

„Käufer verpflichtet sich an Stelle der erkauften abgebrannten Spinnfabrik eine Mahlmühle mit zwei Gängen, letztere nach amerikanischen System, mit in das Mühlengebäude einzubauender Stallung, sowie eine Scheune neu zu erbauen und diesen Bau noch im heurigen Jahre sofort nach Genehmigung des darüber anzufertigenden Bauplanes in Angriff zu nehmen und auszuführen“.

(Recognitionsschein für „Herrn Mühlenbesitzer Wilhelm Moritz Döhnel zu Sehma" mit Eintragvermerk zum Grund- und Hypothekenbuch für Sehma am 4. August 1868)

In dem Grundbuchauszug des Köngl. Sächs. Amtsgerichts zu Annaberg an Friedrich Anton Döhnel, Posamentenfabrikant in Sehma, vom 5. Juli 1906 steht:
„Nach Vernichtung des Spinnereigebäudes durch Brand steht auf dem Flurstück No 104 nur noch eine Scheune“. Die Spinnfabrik wird in einem Schreiben auch als Wattefabrik bezeichnet.

29. Juni 1878

(Versicherungsschein der Königl. Sächs. Landesimobilar-Brandversicherungsanstalt Dresden für "... Herrn Wilhelm Moritz Dehnel über nachstehende bei dessen Mühlengrundstück mit Landwirtschaft zu Sehma unter Cataster-Nummer 105 ...")
„Bezeichnung der Versicherungsobjecte nach Maaßgabe des Brandversicherungscatasters

a) Wohn- und Mahlmühlengebäude mit Backofen, Zuchtviehstall, Souterrain und Abtritt-Anbau (Mühlenwerke vorherrschend hölzern).
b) Scheunengebäude mit Wagenschuppen ...“

31. Mai 1890

„Anbau eines Hinterhauses für den Mühlenbesitzer Herrn Wilhelm Moritz Döhnel No 105 des Brandc. zu Sehma“
(Zeichnung mit Prüfvermerk der Königl. Sächs. Gewerbeinspection Chemnitz mit obigem Datum).

29. Oktober 1890

(Versicherungsschein der Königl. Sächs. Landes-Brand-Versicherungs-Anstalt Dresden für „Herrn Wilhelm Moritz Döhnel, Mühlenbesitzer, über das Mühlengut Cataster-Nummer 105 in Sehma ...“)
„Bezeichnung der Gebäude nach Maaßgabe des Brandversicherungs-Catasters

a) Wohn- und Mühlengebäude und Kellergeschoß und zwei Anbauten (Mühlenwerk hölzern)".
b) Scheunengebäude mit Stallung und Anbau
c) Wohn- und Posamentenfabrikgebäude mit Anbau (Maschinen eisern) ..."

12. Juli 1898

Der Müller und Bäcker Friedrich Anton Döhnel in Sehma kauft das seinem Vater, der Mühlenbesitzer Wilhelm Moritz Döhnel in Sehma gehörende Hausgrundstück No 105 mit den dazugehörenden Parzellen für 27.000 Mark.
(Rekognitionsschein für Müller und Bäcker Herrn Friedrich Anton Döhnel in Sehma)
„Im Jahre 1899 drehten sich die Mühlsteine zum letzten Mal“.
(Hausarbeit "Aus dem Leben meiner Ahnen" des Gymnasiasten Günther Döhnel vom 22.2.1937)

4. Januar 1900

„... Einbau eines Schornsteins und Einrichtung von Arbeitsräumen im Hausgrundstück Cat.-No 105 für Sehma ...“
(Genehmigung der Königl. Amtshauptmannschaft Annaberg für "Friedrich Anton Döhnel in Sehma“)
Bis 1903 blieb noch die Bäckerei bestehen.
(Hausarbeit "Aus dem Leben meiner Ahnen" ...)

6. Mai 1903

„... Vergrößerung des Arbeitsraumes in dem 1. Obergeschosse des Grundstückes Cat.-No 105 für Sehma durch Herausnahme von zwei Wänden und Einbau zweier Fenster an dem Giebel ...“
(Genehmigung der Königl. Amtshauptmannschaft Annaberg für "Herrn Friedrich Anton Döhnel in Sehma")

23. Januar 1904

„... Erhöhung des an Cat.-No 105 in Sehma angebauten Hinterhauses und Versetzung des Schornsteines darin ...“
(Genehmigung der Königl. Amtshauptmannschaft Annaberg für „Herrn Friedrich Anton Döhnel in Sehma“)

18. August 1911 „Skizze über den Aufbau eines Arbeitssaales auf das Hintergebäude der Firma Mehnert u. Döhnel Sehma“.
(„Albin Aurich, Architektur- und Baugeschäft Sehma i. Erzgeb.“)

nach 1925

Nach dem Umbau der alten Scheune als Fabrikationsgebäude höchstwahrscheinlich Beginn mit der Herstellung von waschseidenen Damenstrümpfen der Marke „Frandesa“.
(Wolfgang Döhnel)

4. Februar 1929

„Schätzungsschein über den Grundbesitz in Sehma, Erzgeb. Karlsbader Str. 105 für Herrn Fabrikbesitzer Friedrich Anton Döhnel, ebendaselbst“
Ausgestellt von Erich Zimmermann, Baumeister, Buchholz in Sachsen.

16. Oktober 1936 (Genehmigungsdatum der Amtshauptmannschaft Annaberg)
„Zeichnung zum Einbau von 2 Wohnungen in das Fabrikgebäude des Herrn Anton Döhnel, Sehma No 105 für Herrn Max Döhnel, Sehma/Erzgeb.“
(Bauherr:
Ausführung: Arthur Bauer, Hoch- und Tiefbau, Architekturgeschäft Sehma/Erzgeb.)

1937

Friedrich Anton Döhnel übergibt „... die frühere Mühle, jetzt Posamentenfabrik im Alter von 72 Jahren ...“ seinem Sohn Max Döhnel.
(Hausarbeit „Aus dem Leben meiner Ahnen“ ...)

(wohl) 1942/1943

Entfernung des hölzernen Mühlrades und Einbau einer „Ossbergerturbine“.. (Zeichnung und Genemigungsvermerk des Landrates zu Annaberg vom 18. Juni 1942)

12. Juni 1945

Einsetzung der kommissarischen Betriebsleiterin, Margarete Sonne, als Folge des Todes ihrer 49 Jahre alten Schwester, Gertrud Döhnel geb. Sonne, am 11. Juni 1945. Der Besitzer des Betriebes, Max Döhnel, befindet sich noch als Wehrmachtsangehöriger in englischer Gefangenschaft.
„Das Unternehmen - an sich nur kleineren Umfanges - befasst sich mit der Herstellung kunstseidener Klöppelartikel, wie Tressen, Schläuche, Lacet, Cordel, ect. für die weiterverarbeitende Industrie“.
(Durchschlag des Schreibens an den Landrat, Abt. Verwaltung, Annaberg vom 13. Sept. 1945)

Januar 1946

Der Besitzer des Betriebes, Max Döhnel, kehrt aus englischer Gefangenschaft zurück.

12. April 1946

Die kommissarische Betriebsleiterin, die unverheiratete Margarete Sonne, scheidet freiwillig, höchstwahrscheinlich als Folge krankhafter Depressionen, aus dem Leben.

April 1946

Clara Estel aus Sehma, 44 Jahre alt und seit 1918 im kaufmännischen Beruf tätig, bewirbt sich um die die Stelle des kommissarischen Betriebsleiters beim Landrat Annaberg mit folgender Begründung:
„... als Fräulein Margarete Sonne im Sommer 1945 die Firmenleitung übernahm, hat Frau Estel Fräulein Sonne seitdem ... in allen kaufmännischen Fragen und Arbeiten mit unterstützt ... (und ist) deshalb mit diesem Betrieb ziemlich vertraut geworden“.
(Schreiben der Clara Estel an den Landrat Annaberg vom             16. April 1946)
Margarete Sonne, geboren 1897, war viele Jahre als Erzieherin, unter anderem in Wien und Frankfurt/Main, und in den letzten Kriegsjahren als Lehrerin in Buchholz tätig.

23. Januar 1948

Entzug der Gewerbeberechtigung für den Posamentenfabrikationsbetrieb des Max Döhnel - eine Entscheidung der Kreiskommission für Entnazifizierung. Damit entfällt auch für Max Döhnel „... die Möglichkeit, andererseits als selbständiger Gewerbetreibender tätig zu sein“.
(Schreiben des Kreisrates zu Annaberg an Max Döhnel vom 5. Mai 1948)
„Auf Grund der Entscheidung der Kreiskommission für Entnazifizieren ...“ ist Max Döhnel aus seinem „... Betrieb zu entlassen". Dies hat zur Folge, dass „... Max Döhnel anheim gestellt wird, seinen Betrieb entweder zu verpachten oder zu verkaufen“„. Sollte M.D. "... mit diesem Vorschlag nicht einverstanden sein, so muß.. (sein) Betrieb unter Treuhänderschaft gestellt werden. Der Besitzerwechsel ist bis spätestens 15.4.48 durchzuführen ..."
(Schreiben des Kreisrates zu Annaberg an Max Döhnel vom 20. März 1948)

März/April 1948

Pachtweise Weiterführung des Betriebes durch Clara Estel.

1949

Clara Estel übernimmt das Grundstück mit dem darauf befindlichen Gebäuden als testamentarische Vorerbin des am 14. Januar 1949 im Alter von 52 Jahren verstorbenen und zuletzt als Waldarbeiter tätig gewesenen Kaufmanns Max Döhnel.
(Gemeinschaftl. Erbschein, 22.08.1949)
Nacherbe ist der am 29. Februar 1928 geborenen Hilfsgeologe Wolfgang Döhnel, Sohn des Max Döhnel.

20. Mai 1950

Auf Grund der eingetretenen Nacherbefolge durch die Wiedervermählung der Clara Estel, nun verehelichte Löser, übernimmt Wolfgang Döhnel, wohnhaft in Freiberg/Sa., als Eigentümer das Grundstück mit den darauf befindlichen Gebäuden.
(Betriebsprüfungsbericht für 1954 bis 1955 vom 7.9.1956)

1. Januar 1954

Die bisherige Eigentümerin Clara Estel, verehelichte Löser, pachtet nun das Geschäftsgebäude mit den in denselben befindlichen Maschinen und sonstigen Inventar von Wolfgang Döhnel. Die Firmenbezeichnung lautet nun:
Posamentenfabrik Fr. Anton Döhnel, Inhaber Clara Löser (Betriebsprüfungsbericht für 1954 bis 1955 vom 7.9.1956 und Pachtvertrag zwischen Wolfgang Döhnel und Clara Löser vom 8.4.1956)

1952/1953

Um fachspezifische Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen zu können, qualifiziert sich Clara Löser trotz ihres hohen Alters noch zum Meister im Posamenten-Handwerk.

1. Juli 1958

Übernahme der Flechtartikel-Produktion durch die PGH "Proposa" Annaberg (Produktionsgenossenschaft des Posamentierer-Handwerks) als Werkstatt mit Clara Löser als Werkstattleiter.

1. Januar 1967

Helga Mey führt die Werkstatt weiter, weil Clara Löser altershalber ausscheidet.

31. Dezember 1969

Einstellung der Produktion von Flechtartikeln.
Nach der Beräumung der früher als Fabrikgebäude umgebauten alten Scheune werden die Räume als Lager an die "Proposa" verpachtet.

1. Januar 1985

Verkauf des Grundstückes mit den darauf befindlichen Gebäuden an den VEB Polar, Karl-Marx-Stadt.
(Grundstückskauf-Vertrag vom 7.01.1985)

bearbeitet von pks